Seelische Wunden bleiben...

Bei vielen jungen Menschen wird der Gang in die Schule zur Qual. Angst vor dem nächsten Schultag hat nicht nur etwas mit Lernschwierigkeiten zu tun, sondern wird oft auch durch Ausgrenzung, Mobbing und körperlicher Gewalt verursacht. Laut einem Bericht der Ärztezeitung soll jetzt gemeinsam mit der Universität Heidelberg an 15 Schulen ein neues Konzept gegen Mobbing implementiert werden.

In allen Bundesländer ist der Schulalltag wieder zurückgekehrt.Aber für 20 - 25 Prozent der Schüler ist der Gang zur Schule eine Qual. Sie werden von ihren Mitschülern ausgegrenzt, tyrannisiert, verspottet und oftmals auch geschlagen. Die Folgen sind gravierend. Nach neuen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die körperlichen und seelischen Verletzungen bei den Opfern noch bis in das Erwachsenenleben nachwirken können und dieses dann oft zu psychischem Leiden führt.  In unserer Zeit wird viel über das Thema Mobbing am Arbeitsplatz und in der Schule in den Medien berichtet und öffentlich diskutiert. Die gesundheitlichen Auswirkungen werden aber noch vielfach unterschätzt.

Europaweit schwanken die Zahlen von Mobbing-Fällen sehr stark und unterscheiden sich ja nach Ländern, Schultypen und Stichproben. Dr. Michael Kaess vom Uniklinikum Heidelberg, so die Ärztezeitung, schätzt, das in Deutschland mindestens ein Fünftel aller Schüler unter Bullying (so die internationale wissenschaftliche Bezeichnung für Mobbing in der Schule) betroffen ist. Mädchen und Jungen gleich häufig. Immer deutlicher kristallisieren sich die körperlichen und seelischen Folgen für die Opfer heraus. So entwickeln ein Drittel der Opfer schwere Psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen. Auch selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken und -versuche können die Folge sein.

Je länger das Mobbing anhält, desto stärker sind die Folgen. In einer Langzeitstudie mit über 4.000 Schulkindern stellten amerikanische Pädiater am Bosten Children's Hospital fest, dass die Folgen umso schwerer waren, je länger das Mobbing dauerte.(Pediatrics 2014) . Es stellte sich auch heraus, das die Opfer Einschränkungen beim Sport aufwiesen.

Die Ärzte fordern in der Studie Früherkennungs- und Interventionsprogramme an den Schulen, und eine Nachbetreuung der Mobbing-Opfer über das Ende der Schulzeit hinaus. 

Auch in unserem Land wären solche Maßnahmen geboten. Zwar sind auch hier einige Programme auf dem Markt (Techniker Krankenkasse "
Mobbingfreie Schule" ). Von Forschern wird aber bezweifelt, das diese kurzfristigen Interventionen ein nachhaltigen Effekt erziehlen können.

In Heidelberg wird jetzt ein anderer Weg eingeschlagen. Die Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie wird ab diesem Schuljahr erstmals in Deutschland das "Olweus Mobbing Präventionsprogramm" an 30 weiterführenden Schulen mit insgesamt 10.000 Schülerinnen und Schülern einführen. Dieses Programm wurde von dem norwegischen Psychologen Dr. Dan Olweus  in den 1980iger Jahren entwickelt und schon in einigen Ländern erfolgreich erprobt.

Anti-Mobbing-Programm:

Erst einmal soll der Ist-Zustand zu Gewalt und Mobbing an den Schulen mit einem anonymisierten Fragebogen erhoben werden. Nach der Auswertung wird dann das Programm an 15 Schulen gestartet. Dabei werden Lehrer und Schulpersonal von speziellen "Olweus-Coaches" fortgebildet, um Mobbing im Schulalltag besser zu erkennen. Fragen wie man mit Mobbingverdacht umgeht, wie man eingreift, ohne Täter und Opfer bloßzustellen und das Problem damit noch zu verschlimmern. In regelmäßigen Schulungen sollen Lehrkräfte lernen, in Mobbing-Situationen angemessen zu reagieren. Schüler sollen in Diskussionsrunden mit den Themen Ausgrenzung und Mobbing konfrontiert werden. Eltern werden in gesonderten Veranstaltungen mit einbezogen. Ziel ist es, in der 18 monatigen Implementierungsphase die Anti-Mobbing-Struktur bei den Schulen im Alltag zu integrieren und so dauerhaft zum Teil der Schulkultur werden zu lassen. Danach sollen die Schulen das Programm selbständig weiterführen.

Wäre das nicht auch ein Programm für Niedersachsen und Bremen ? Hätten wir solche Programme nicht auch bitter nötig?